Freitag, 8. August 2008 17:57
Seit dem Tag, als der erste Mensch den Kopf aus der Höhle streckte, um die Sterne am Himmel zu bewundern, und dachte, wie schön es wäre, einen dieser Sterne für sich allein zu haben, seit jenem Tag träumt der Mensch davon, andere für sich arbeiten zu lassen und ihnen so wenig wie möglich zu zahlen. Und niemand hat diesen Traum dynamischer verfolgt als Vitali. Den ganzen Tag durchkämmt er die Londoner Bars und Restaurants auf der Suche nach passenden Kandidaten. Die Neuankömmlinge, die Orientierungslosen, die Verzweifelten, die Gierigen. Das ist die Sorte Mensch, mit der sich gutes Geld verdienen lässt.
Wie schon der weise, bärtige Karl Marx feststellte, von seiner eigenen Hände Arbeit wird ein Mensch nicht reich, und wer zu den VIP Elite-Reichen gehören will, muss andere für sich arbeiten lassen. Um diesen Traum zu verwirklichen, hat man im Lauf der Jahrtausende viele kreative menschliche Lösungen ausprobiert, von Sklavenarbeit, Schuldversklavung und Strafkolonien bis zu Präkarisierung, Null-Stunden-Verträgen, flexiblen Arbeitsformen, Streikverbotsklauseln, obligatorischen Überstunden, Scheinselbständigkeit, Zeitarbeitsagenturen, Subcontracting, illegaler Einwanderung, Outsourcing und vielen anderen Phänomenen des organisatorischen Fortschritts in Richtung maximaler Flexibilität. Und die Speerspitze dieser permanenten Revolutionierung des Arbeitsprozesses ist die historische Rolle des Personalvermittlungsagenten für aktive dynamische Beschäftigungslösungen. Allerdings wissen das die wenigstens zu schätzen.
Vitali über Vitali in Marina Lewyckas Roman “Caravan”. Lesen!